Surprise, surprise – der Julibericht kommt diesmal mit deutlicher „Verfrühung“ (ist das ein deutsches Wort???), na egal, er kommt eben deutlich vor Ablauf des siebten Monats des Jahres 2023. Dies ist darin begründet, dass ich ab 26.07. keine Zeit zum Schreiben habe, der Bericht wird daher auch nur bis zu diesem Tage reichen.
Warum das so ist erfahrt ihr natürlich im Verlauf dieses Monatsblogs…
„Englishman in New York“ , der Sting Song aus dem Jahr 1987 also als Headline für den Juli. Warum das?
Oh, I’m an Alien, I’m a legal Alien
I’m an Englishman in New York
ich zitiere den Musikguru – „…der Song handelt von einem Engländer, der in New York lebt. Er beschreibt seine Erfahrungen, wie es ist, ein Ausländer in einer anderen Kultur zu sein. Er ermutigt den Hörer, selbstbewusst und freundlich zu bleiben, egal was andere sagen. Am Ende betont er, dass es mehr als nur Kampfkraft braucht, um ein Mann zu sein, und dass es wichtig ist, sich selbst treu zu bleiben…“
Sicher denkt ihr nun, dass ich als Deutscher in Griechenland so fühle – weit gefehlt! So ging es mir, als ich nach 9 Monaten Griechenland wieder zu Besuch in Deutschland war – I´m an Alien, I´m a legal Alien…
Doch von Anfang an – lasst euch entführen in unsere Welt, unser Leben 2.0 inmitten der Inselwelt der griechischen Ägäis. Erlebt mit uns den Einzug des Hochsommers und bekommt einen Einblick in unser Leben auf NESSAJA, hier auf der Dodekanesinsel Leros.
Ich hatte im letzten Monatsbericht ja schon im Ausblick verraten, dass die erste Monatshälfte des Juli im Zeichen unseres Deutschlandbesuches stehen würde. Wir würden in vier Tagen aufbrechen und es gab noch ein paar Dinge vorzubereiten.
So machte ich auch am 01.07. meine Aufwartung bei Giorgos in dessen „Boat & Parts“ Shop – und siehe da, auch hier werde ich, in Form von Manolis´ Spielzeug, mit meinem Namensvetter konfrontiert…
Ich kläre mit Giorgos ab, wie wir mit dem Tender der ELOWYN verfahren wollen und wer welche Aufgaben übernimmt. Das klingt kompliziert, ist aber darin begründet, dass ein „Williams-Tender“ eben kein Brot und Butter Dinghy ist. Es fehlen Erfahrungswerte, Werkstattliteratur und eine zuverlässige Quelle für Ersatzteile.
Auch für Hans-Peter geben wir noch Kleinteile in Auftrag – wunderbar, alles klar? Ok, auf bald!
Am Nachmittag habe ich Zeit, mich der momentan erfreulich kurzen Aufgabenliste auf NESSAJA zu widmen. Wir haben gefunden, was zumindest mitverantwortlich für die reduzierte Entnahmemenge aus unseren Wassertanks ist – das System saugt Luft, sobald der vordere Tank leer ist. Ein Absperrhahn muss her!
Ich schmeiße also den Billighahn raus und beschließe, den qualitativ hochwertigen Ersatz an besser zugänglicher Stelle zu montieren. Das birgt das Risiko, dass der Absperrhahn nicht unmittelbar am Tankausgang ist, die kurze Whale Leitung somit eine theoretische Fehlerquelle darstellt – aber ich muss nicht mehr Matratze und Lattenroste abbauen um den Tank abzusperren.
Weil ich für alle Tanks die gleiche Funktion anbieten will, habe ich gleich drei solcher Hähne gekauft. Da es aber ab dem frühen Nachmittag immer recht warm wird, werde ich die Bastelarbeiten zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen.
Weil uns der Schweiß in Strömen über den Körper rinnt, fahren wir mit dem Mopped zum Lieblingsstrand nach Panteli. Aber so schlau waren andere auch – der sonst so idyllische Beach war zum ersten Mal ziemlich angefüllt.
Wir gehen ins Wasser, welches erfreulicher Weise immer noch recht erfrischend ist, trinken jeder eine Kaltschale des weltbekannten US-Großkonzerns und fahren dann wieder zurück zu NESSAJA – mir liegt da noch was auf der Seele…
Ich gebe zu, manchmal kann ich nicht ablegen „deutsch zu denken“ – so auch heute. Wir lassen unser Zuhause einige Tage alleine, der Platz neben mir ist nicht besetzt. Das klingt zunächst gut, aber wenn ich erstmal weg bin, muss ich die Dinge so nehmen wie sie kommen. Da ich sowohl die Anlegemanöver als auch das nachbarschaftliche Verhalten einiger Mitmenschen schon lange beobachten darf, möchte ich das nicht.
Da ich weiß, dass Werner seine ALENA gerne neben mir wüsste und er mir auch den Schlüssel nebst Gesamthoheit anvertraut hat, verbünde ich mich mit dem Marinero unserer Marina und setze, zusammen mit Hans-Peter, meinen Plan um – wir verlegen ALENA!
So gefällt mir das! Ich zupfe die Festmacher von NESSAJA und ALENA zurecht. Kein Fenderqietschen an meiner Steuerbordseite, an Backbord reichlich Platz und die Lücke neben mir belegt. Ich werde mit einem guten Gefühl abreisen.
Am Abend gehen wir zum Essen ins „To Steki“ und freuen uns über einen Platz am Strand. Der Vollmond war schon zu sehen als es noch hell war…
…und sorgte nach Einbruch der Dunkelheit für eine phantastische Szenerie – ein herrliches Ambiente um den Tag ausklingen zu lassen.
Ich habe nicht gut geschlafen! Irgendwie bin ich total zerstochen – sicher Schnaken im Schlafgemach! Ich konnte bei einem nächtlichen Jagdversuch aber keinen der lästigen Quälgeister entdecken. Irgendwie verwundert es mich, dass die Stiche, nicht wenige übrigens, auf der Schlafseite meines Körpers sind.
Ich informiere Sibylle und klage mein Leid! Sie schenkt meiner Pein keine Beachtung und kanzelt mich mit einem „…stell Dich nicht so an…“ ab. Ein FATALER Fehler wie sich noch zeigen sollte!
Irgendwie halte ich den Juckreiz nicht mehr aus, ich stehe auf, mein Tag beginnt früh…
Ich muss meine Lebensgeister wecken und koche mir ein Käffchen. Ich habe mir vorgenommen, eine Art „Brainstorming“, eine Gedankensammlung zu Papier zu bringen, bzw. in den Rechner zu tippen.
„Brainstorming“??? Für was??? Für die Rede! Mein Sohn hat sich eine Rede gewünscht!
Offen gesagt, ich hatte wenig Lust, hatte auch den Hauch eines Versuches gestartet, mich von dieser Last zu befreien – erfolglos! Der Bub möchte, dass sein Vater ein paar Worte zu seiner Hochzeitsfeier sagt, wie könnte ich das verwehren?
Mir war von Anfang an klar, dass ich keine Standardrede halten würde, ich wollte frei sprechen, dennoch wollte ich meine Gedanken sammeln und mich etwas vorbereiten.
Mein Junior hatte für sich eine schlüssige Argumentationskette vorbereitet „…wer vor 100 Menschen weltweit Fachvorträge in Englisch halten kann, kann auch eine Rede auf einer Hochzeit halten…“ – nun, das ist nicht dasselbe! Die Gründe, so habe ich ihm erklärt, sie liegen in der Vergangenheit verborgen und sollen da auch bleiben, er hat zugehört und mir auf die Schulter geklopft, „…Du machst das schon…“! Na toll!!!
Rache ist Blutwurst…
Ich erlaube mir einen Spaß und schreibe sinnlos eine Seite voll, geschwollen, gestelzt und hochnotpeinlich – diese schicke ich Stefan und verweise auf meine Fortschritte „…bin fast fertig, nur 64 Seiten inklusive Danksagungen, ich brauche rund 50 Minuten!“
Der Sohn antwortet „Du Depp!“ – ich nehme es als Kompliment, er ist wohl ein wenig verunsichert 😉
Nach dem Frühstück sehe ich nach ELOWYN, auch hier hat der kräftige Meltemi der letzten Tage Spuren hinterlassen. Der armdicke Ruckdämpfer war gerissen.
Ich informiere meinen Freund Volker in der Oberpfalz und nehme die Entscheidung entgegen – die Leine anholen, sonst nix machen. Ok, aye, aye, Skipper – wird gemacht!
Ich baue noch das zweite Tankabsperrhähnchen bei NESSAJA ein, dann wird es wieder heiß.
Hitze und Meltemi ist wie vor einem großen Föhn zu sitzen. Ich beschließe, den Rest des Tages zu verdröseln. Wir halten Siesta, eine gute Sache, welche ein paar Wochen später auch für Deutschland vorgeschlagen werden würde – verrückte Welt!
Erst abends erwachen wir zu neuem Leben, Sibylle liest bis spät in die Nacht. Sie leidet etwas unter den Temperaturen…
Bei den momentan vorherrschenden Temperaturen muss man wirklich müde sein um schnell einzuschlafen. Dann geht es. Ich plage mich dann kaum, Sibylle etwas mehr – wir reden von 28°C bis über 30°C im Schlafraum.
Wir versuchen die Schlafmodalitäten zu optimieren. Der Ventilator läuft die ganze Nacht! Es kommen feuchte Tücher auf der Brust zum Einsatz, die Decken weichen den einfachen Laken. Wir sprechen über die Anschaffung einer Klimaanlage, zu meiner Überraschung kneift Sibylle aber bei diesem Punkt. Ich schlafe im weiteren Verlauf des Monats im Cockpit, manchmal hilft ein Ouzo mehr, ab und an kommt die Brause nachts zum Einsatz. Es ist Hochsommer in Griechenland!
Wichtig für mich dabei – wie starte ich in den Tag…
Ich genieße es zu schwimmen, werde wach, trinke einen Kaffee. Das klappt zu dieser Zeit noch gut. Später im Monat werde ich diesen liebgewonnenen Brauch wegen der Wärme und der vielen Urlauber aufgeben.
Nach dem Frühstück gehen Sibylle und ich ins Reisebüro. Der Tag der Abreise rückt näher, wir müssen unsere Fährtickets kaufen.
Tagsüber bereiten wir unsere persönlichen Dinge vor. Es muss eine Datensicherung zum Quartal gemacht werden, der Rechner für die Sicherung der Festplatten zuhause vorbereitet werden. Ein paar Termine sind noch zu fixieren und letzte Dinge müssen noch bestellt werden.
Der Inhalt des Kühlschrankes ist schon reduziert, wir verabreden uns daher nochmal mit unseren Stegnachbarn zu einem gemeinsamen Dinner im „SouVLakki“. Auf dem Weg dorthin, drängt sich mir etwas Seltsames ins Auge…
…ich nehme mir die Zeit, den Schlenker dorthin zu fahren. Ich will ein Foto von diesem Quasimodo der Meere – ich habe noch nie so ein hässliches Schiff gesehen. Ich kann mir ein Kopfschütteln nicht verkneifen – auffallen um jeden Preis, so gelingt´s!
Ich fahre zum Girostempel wo die Freunde schon warten.
Diesmal fällt die Wahl aber nicht auf die klassischen Gerichte wie Giros oder Souvlaki, diesmal gönnen wir uns jeder ein halbes Hähnchen als Platte – eine gute Portion!
Danach geht es noch, das wird euch nicht überraschen, ins „Repapis“, wo wir den Tag bei einem köstlichen Eis ausklingen lassen. Ein Gedicht!
Der Tag unserer Abreise ist angebrochen. Wir frühstücken, machen „klar Schiff“ und packen unsere Reisetasche für den Deutschlandbesuch. Wir haben den Aufenthalt mit einer Dauer von sechs Tagen diesmal kürzer geplant, da wir ja mitten in der Segelsaison sind. Soweit zunächst mal der Gedanke…
Mittags um 12.30 Uhr geht unser Bus zum Fähranleger auf der anderen Inselseite. Wir würden in Kos übernachten müssen, eine eintägige Anreise war an diesem Tag nicht zu buchen.
In Agia Marina angekommen, haben wir eine Stunde Zeit – die verbringen wir, wie eigentlich immer, im „To Paradosiakos“ und trinken einen Cappuccino und gönnen uns eine kleine, süsse Sauerrei. So vergeht die Zeit rasch und bald schon läuft der Katamaran von „Dodecanese Seaways“ ein – er wird unser Zubringer nach Kos sein.
Da wir wussten, dass wir eine Zwischenübernachtung planen müssen und diese natürlich auch zu bezahlen war, haben wir anderweitig auf die Kosten geachtet und wollten günstig reisen.
So auch in Kos, die Fahrt mit dem Taxi zum Flughafen bzw. nach Mastichari, dem Ort in dem unser Hotel war, kostet normaler Weise ca. 40.-€ – die Busfahrt nur 3.20.-€. Da ist das Abendessen schon eingespart! Da wird meine Gattin zum Sparfuchs…
Nach etwa 45 Minuten Fahrt im voll besetzten Linienbus, steigen wir im flughafennahen Zielort Mastichari aus. Der Ort ist ein Badeort an der Nordküste von Kos, nicht unbedingt mein Fall, aber für einen Kurzbesuch ganz ok.
Wir trappeln mit unserer Tasche quer durch das Touristendorf, Google führt uns zum Apartmenthaus und direkt an einem Bazarstand vorbei, wo Sibylle noch ein Tuch kauft – sie sagt, dass sie „…es ganz dringend braucht…“! Ok, wenn das so ist…
Wir kommen in der Pension an.
Nett eigentlich. Ich würde hier NIEMALS Urlaub machen wollen, aber generell und für den kurzen Aufenthalt, waren wir eher positiv überrascht.
Jetzt haben wir Hunger, auf an die Strandpromenade, wir suchen uns ein Lokal!
Google schickt uns anhand der dort gegebenen Bewertungen ins „Palatiano“. Das haben wir nicht bereut! Ein tolles Lokal, durchaus preiswert mit einer guten Küche. Ein guter Tip der allwissenden Suchmaschine!
Den perfekten Sonnenuntergang gab´s als „Dessert“ gratis dazu – wir haben es genossen.
Wir haben uns noch einen Cocktail gegönnt, den haben wir schließlich beim Busfahren eingespart, dabei die nötige Bettschwere erlangt. Während wir den Pitcher schlürften und auf dessen Wirkung warteten, war unser Zentralgestirn im Meer versunken – Tag 1 unserer Reise war Geschichte…
Tag 2 begann leicht stressig – wir hatten kein Taxi reserviert, wir wollten wieder Bus fahren. Leider ließ sich nicht ganz klar sagen, wann denn nun der Bus zum Flughafen abfahren würde. Die von Einheimischen mittels Schätzung propagierte Zeit war ganz knapp für uns, es war zudem unsicher – wir entschieden also nach einigem Hin und Her, wir fahren Taxi!
Am Flughafen trauen wir unseren Augen kaum. Lange Schlangen! Wir stehen an, geben das Gepäck auf und nutzen die restliche Zeit für ein kleines Frühstück – dann geht alles recht rasch.
Wir boarden und heben dann, mit rund einer halben Stunde Verspätung, Richtung München ab. Der Flug verlief unspektakulär, der Pilot konnte etwas verlorene Zeit gutmachen und so sahen wir uns, fast im Plan, auf deutschen Boden. Hallo Deutschland, schön, Dich wieder mal zu sehen…
Und schon ging es los!
Ja ich weiß – es liegt die Vermutung nahe, dass die Absperrlinien wohl noch aus Covid Zeiten dort kleben. Da Covid ja offiziell für „beendet“ erklärt wurde, kann man auch die Hinweise aus dieser Zeit geflissentlich ignorieren. So weit so gut…
Aber – habt ihr auch schon mal an einem Gepäckband gestanden, an dem ALLE ganz vorne stehen wollten? Habt ihr die Szenen beoabachtet, wenn Menschen deren Gepäck tatsächlich kommt, sich den Weg zum Band bahnen müssen, wie sie sich plagen ihre Last durch die Menschenmassen hinter ihnen zu pressen? Wer das kennt weiß, dass der Streifen auch NACH Covid sinnvoll ist, es braucht halt a bissl Hirn dafür.
Wenn ihr mich jetzt für kleinkariert haltet – ich behaupte, die Linien beziehen sich nicht auf Covid, man unterstellt das nur – „we care“ – darum geht´s. Zum ersten Mal denke ich an Stings Song „…I´m an Alien…“
Wir bekommen unsere Tasche rasch, gehen zur S-Bahn und fahren über die Münchener Innenstadt weiter bis nach Miesbach. Zwischenzeitlich müssen wir in die Regionalbahn umsteigen. Wir informieren die Schwiegertochter, dass wir im Plan sind, sie hat versprochen uns am Bahnhof abzuholen.
Bayern, unser Heimatort Miesbach, empfängt uns ungastlich. Kurz nach einem Hagel, müssen wir im Regen zum Auto hasten um nicht völlig durchnässt zu sein. Die Begrüßung findet erst zuhause statt…
Die Schwiegertochter gibt uns unsere Pakete und die Post, wir packen alles in unser Auto, welches hier auf uns wartet. Durch das Geschenk von Franziska und ihrem Mikey sind wir wieder im Besitz eines kleinen Wagens, welcher uns die nötige Mobilität sichert.
Wir verabschieden uns temporär und fahren zu meinem Freund René an den Schliersee. Dort, in seiner Pension „Haus Seegarten“, werden wir diesmal übernachten. Dies gibt uns einerseits ein wenig mehr Privatsphäre, zudem wird diesmal auch meine Tochter mit Familie dort verweilen, eine gute Gelegenheit sich einmal länger als nur bei einem Kurzbesuch zu sehen.
Nach dem Check-In und dem Auspacken fahren wir sofort wieder nach Miesbach zurück, Sibylles Sohn war inzwischen von der Arbeit zurück, wir wollten zusammen eine bayrische Brotzeit genießen – es gab´ viel zu erzählen…
Wunderbar! Wir mampfen die bayrischen Schmankerl in uns rein, als hätten wir tagelang nichts zu essen bekommen. Die Gier nach dem „anderen Essen“ war einfach groß. Wir tranken zwei Bier, hatten viel zu „ratschen“ und der Abend verging rasch. Mit vollen Wänsten verabschiedeten wir uns uns und zwängten uns in unseren roten Flitzer – bis morgen, wir sehen uns…
Wir haben herrlich geschlafen! Die Betten im „Haus Seegarten“ waren bequem, es hatte die ideale Schlaftemperatur für Sibylle UND mich. Dennoch mussten wir früh raus. Sibylle hatte einen Termin, ich wollte während ich auf sie wartete ein leckeres Frühstück einnehmen.
Gedacht – gemacht!
Überraschend schnell war Sibylle fertig und gesellte sich zu mir. Die Weichen für ihren offiziellen Renteneintritt sind gestellt, alles hat geklappt. Sie war wesentlich entspannter als noch eine halbe Stunde zuvor und wollte ebenfalls etwas frühstücken – hmmm, dumm nur, dass ich schon fertig war…
Was tun?
Egal, zweites Frühstück!
Wir ließen Passbilder von uns machen, beantragten neue Personalausweise und Reisepässe und holten Enkelchen Otto vom Kindergarten ab. Der Knirps erzählt uns stolz, dass er jetzt den „Schnitzführerschein“ hat und betet, auf der Rückbank sitzend, die Regeln für das Hantieren mit Taschenmessern vor. Wir schmunzeln…
Den Rest des Tages verbringen wir im Garten des – Nomen est Omen – „Haus Seegarten“. Wir gehen schwimmen, treffen alte Freunde aus der Heimat und laben uns an Cappuccino und Steckerleis.
Mittags ziehe ich mich zurück – ich muss noch ein bisschen an meiner Rede feilen – morgen ist der „große Tag“!
Ich fühlte mich gut vorbereitet, hatte meine Inhalte auf Karteikarten zusammengefasst. Ich habe die „Rede“ eingesprochen, Dauer rund 21 Minuten – das sollte gerade noch passen.
Dennoch merke ich, Karteikarten sind nicht mein Ding, irgendwie fühle ich mich unwohl…
Zeit sich abzulenken. Meine Tochter schneit mit einer der Enkeltöchter herein. Auch hier natürlich ein großes HALLO, wir tauschen die ersten wichtigen Infos aus, gehen baden und genießen die Zeit. Ihr Mann würde mit der zweiten Enkelin morgen nachkommen, eine Kindergartenfeier hat hier die gemeinsame Anreise verhindert.
Als „Dankeschön“ für alles, so unser langgehegter Plan, würden wir Rita und René zum Essen einladen. Da wir aber weder meine Tochter Nina, noch seinen Sohn Robin, dessen Taufpate ich bin und welcher sich für den Abend angekündigt hatte, vor den Kopf stoßen wollen, legen wir einfach fest – WIR laden EUCH alle auf einen „Griller“ ein!
René stellt die Hardware, Sibylle und ich kümmern uns um alles andere. Wir laden die Beiden somit quasi bei ihnen zu Hause zum Essen ein – klingt komisch, ist aber so.
Auch dieser Abend war ein Highlight – wir quatschten mit den Freunden die wir schon so viele Jahre kennen, so als wären wir nie weggewesen. Dennoch erzählte jeder eben SEINE Geschichten. Geschichten, die sich manchmal in einer anderen Welt abspielen zu scheinen. Unsere großen Kinder sind auch beide da, was willst Du mehr? Wir genießen den lauen Abend im Garten am See – es war wunderbar!
Wunderbar auch deswegen, weil sich inzwischen wieder Sommerwetter eingestellt hatte. Wir hatten Glück, es sollte die ganze Woche so bleiben!
Samstag der 08.07.2023 – der Tag der Hochzeitsfeier war gekommen. Die Kleider, die dem Volksmund nach „Leute machen“, liegen bereit, wir frühstücken leicht. Es ist noch Zeit übrig, meine Tochter muss ein paar Dinge kaufen. Wir fahren zusammen in den Ort und während Nina einkauft, gehen Sibylle und ich mit Helena auf den Spielplatz – seltene Momente…
Dann war es an der Zeit – wir zwängen uns in die Klamotten und die festen Schuhe, fahren die halbe Stunde zum Ort der Feierlichkeiten und tauchen ein in den Trubel der Hochzeitsfeierlichkeiten…
Vielleicht interessiert euch der Grund für meine ambivalente Haltung dieser Hochzeitsfeier gegenüber.
Ich will mich gerne etwas offenbaren. Zuerst, ich liebe Menschen generell – nur wenn es zuviele sind oder wenn es Charaktere sind, welche die normalen Regeln zwischenmenschlichen Umgangs missen lassen, nehme ich gerne Abstand – eine Feier wie diese ist für mein Wohlbefinden einfach zu groß.
Ich bin ein Verfechter des Grunge-Leitgedanken der 90er – „Come as you are“ hat Kurt Cobain in sein Micro geschrien – das ist ein feines Credo, welchem ich gerne folge. Alle Festivitäten mit Kleiderordnungen sind mir, dem der ein Leben in Flip-Flops lebt, ein Gräuel. Mein Sohn war aber cool in dieser Hinsicht – „…komm wie Du bist…“ hat er gesagt und mich damit natürlich entwaffnet.
Last not least – die Vergangenheit. Feste dieser Art sind Familientreffen, welchen das Risiko anhaftet, längst vernebelte Gedanken an ein Früher wieder an die Oberfläche zu holen.
Das passiert also in meinem Kopf während sich die Gäste treffen. Viele Bekannte, ein paar neue Gesichter dabei. Man stellt sich vor, hält ein bisschen Small-Talk.
Die Familie findet zueinander…
Ich habe mich entschieden, dass ich in diesem Blogbeitrag etwas mehr Privatsphäre preisgebe. Habe ich mich bisher beim Privatleben der Kinder sehr zurück gehalten, scheint es mir notwendig und hilfreich, den Blick hinter die Kulissen des Seglerlebens in Griechenland etwas freizugeben – es hilft, uns besser zu verstehen…
Es ist kurz vor 14.00 Uhr – die Hochzeitsgesellschaft zieht sich ins Trauzimmer zurück.
Es war eine sehr schöne Trauung mit einem wirklich guten freien Trauredner. Er hat eine einfühlsame und sehr offene Rede gehalten und ich bekam, wirklich sehr kurzfristig, ein paar Impulse für meine „Rede“, welche noch zu halten war – Steilvorlagen quasi – ich beschloss, mein Konzept komplett umzukrempeln!
Die Gesellschaft ging ziemlich nahtlos über vom offiziellen Teil zum Freestyle-Part des Tages. Die Party nahm langsam Anlauf und kam in Schwung, hier ein paar Impressionen…
Es wurde in den großen Festsaal gerufen, es war Zeit für Kaffee und Kuchen. Wir folgten diesem Ruf und stiegen die Treppen hinauf zur alten Heulege, die zu einer Feierlocation der Extraklasse umgebaut worden war. Natürlich gab es eine Sitzordnung…
Die Party nahm ihren Lauf und die Stimmung kam richtig in Schwung. Die Erwachsenen hatten Spaß und waren zu Blödeleien aufgelegt…
…die Kleinkinder wurden peu á peu von diversen Kleidungsstücken befreit – es war, zugegebener Maßen, etwas warm under dem Dach des ehemaligen Schobers.
Dann war es soweit – das Brautpaar eröffnete den eigentlichen Partyteil mit ihrem Tanz, kein Walzer diesmal, sondern auch eine Nummer aus den späten 50ern – hat super gepasst!
Es folgten Spielchen, Einlagen, kurze Ansprachen – so wie man es von Hochzeiten eben kennt. Dann war der Zeitpunkt der Väter gekommen – erst hielt Amelies Vater noch eine Rede, sehr pfiffig und witzig diesmal, nachdem seine Ansprache bei der standesamtlichen Trauung eher formvollendet war.
Nach ihm sollte ich an der Reihe sein – ich kokettierte etwas mit meinen Karteikarten und mit einem dicken Stapel Papier, welchen ich als meine Rede ausgab – um beides dann auf die Seite zu werfen und das zu tun was ich am besten kann – einfach drauflosreden…
Ich mische Elemente einer Rede mit denen eines lustigen Beitrags, mahne Tugenden an, welche in einer Ehe unverzichbar scheinen und erinnere auch an das Quäntchen Glück welches es manchmal braucht.
Ich bin stolz eine so feine junge Frau wie Amelie als Schwiegertochter zu haben. Ich freue mich, dass es ihr gelingt, dass sie die Fähigkeit hat Stefan glücklich zu machen und in dieser Partnerschaft selber ihr Glück gefunden hat.
Zuviel Pathos? Ich bin euch noch schuldig, ein kleines Geheimnis zu lüften, welches ich im vorherigen Monatsbericht schon angedeutet habe – ihr erinnert euch, die Nachricht aus Deutschland, welche uns auf der ELOWYN erreicht hat???
Enkelchen Nummer 6 ist unterwegs, auch Amelie und Stefan werden Eltern!
Der „Pflichtteil“ liegt nun hinter mir – auch für mich an der Zeit den Part der Kür einzuleiten. Dazu ziehe ich mich nach draußen zurück. Frische Luft, weniger Leute…
Kennt ihr diese lustigen Fotoboxen – die, welche gerne mal auf solchen Partys wie Hochzeiten oder großen Geburtstagen rumstehen und jeder irgendwelche Schnappschüsse machen kann? Kennt ihr auch die, welche mit allerlei albernen Zubehör ausgeliefert werden???
Amelie legt vor…
Ich ziehe nach…
Es gibt ein sehr leckeres Hochzeitsessen, einen der besten Schweinebraten der jüngeren Geschichte, gefolgt von einem betörenden Nachspeisenbuffet…
…bei dessen Inaugenscheinnahme mein Blick sofort an den Apfelringerl hängen blieb. Ich habe eine Schwäche für Apfelringerl – das müsst ihr wissen! Insofern war meine Wahl klar…
Nach dem Essen eine letzte Einlage – Amelies Schwestern hatten eine „Herzblatt“ Folge rekonstruiert, bei der die männlichen Protagonisten Helium einatmen mussten um nicht an der Stimme erkannt zu werden – alleine das schon sehr witzig!
Legendär wird wohl Wolfgangs (Mitte) Antwort werden, als er auf die Frage „wir sind alleine in einem Zimmer eingesperrt, was machst Du mit mir?“, wie folgt antwortet „…was wir machen ist doch klar, aber ich kann es nicht sagen, zuviele Kinder hier!“
Zum Glück widersteht meine tugendhafte Schwiegertochter den Avancen des Lustmolchs in der fingierten Show – sie entschiedet sich letztlich für den Richtigen 😉
Danach spielt die Band auf, es gibt kein Halten mehr – alte „Spider Murphy Gang“ Kracher reißen die Gäste aus den Stühlen und die Massen schwingen das Tanzbein. Ich atme frische Luft, quatsche noch ein bisschen mit dem ein oder anderen Gast – dann ist es Zeit für mich zu gehen.
Der neue Tag beginnt für mich so wie ich das mag. Ich habe gut geschlafen, meine Stiche sind weg, kein Mosquito plagt mich mehr. Ich erwache zeitig und gehe frühmorgens baden.
Später kommt Sibylle dazu, es ist Sonntag. Wir frühstücken und warten auf die Ankunft der Familie, wir haben uns alle am See verabredet. Amelie und Stefan werden um diese Zeit schon auf dem Weg in die Flitterwochen in den USA sein.
Langsam füllt sich auch der Strand am südlichen Seeufer…
Florian und Sonja sind inzwischen mit den Buben eingetroffen, Nina und Alex sind mit den Mädchen ja noch bis morgen hier – wir alle genießen einen unbeschwerten Badetag am Schliersee. Später gesellen sich noch Freunde dazu, ein herrlicher Tag.
Der schöne Tag findet seinen Ausklang bei einem gemeinsamen Griller bei ehemaligen Nachbarn in Neuhaus – mit Monika und Alan verbindet uns eine Freundschaft und wir nutzen die Gelegenheit für einen Besuch. Auch hier natürlich viel zu erzählen, der Abend verfliegt schnell.
Tags darauf reist die Familie meiner Tochter ab, sie wohnen am Bodensee und wollen die Gunst der frühen Stunde nutzen, um die Heimreise anzutreten. Enkelin Ronja schenkt mir noch eine Feder, welche ich mit nach Griechenland nehme und hier in Ehren verwahre. Es war eine schöne Zeit – auf bald…
Unsere Besorgungen waren weitgehend erledigt. Mich hat das Einkaufen genervt, dieser Trubel, dieser Verkehr, überall gestresste Menschen – hier könnte Deutschland von Griechenland lernen. Etwas mehr Gelassenheit täte uns gut – aber wären wir dann noch „deutsch“? Ich sinniere über Vor- und Nachteile „typisch deutsch“ zu sein, als Sibylle mich aus meinen Tagträumen reißt – wir müssen noch was kaufen, ich habe noch einen offenen Punkt auf meiner Liste…
…eine Kaffeedose!!!
Ja, da hab´ ich doch gleich eine Idee…
Danach fahren wir nach Miesbach um das Auto zu tauschen – wir brauchen eines mit Kindersitzen. Wir holen erst Otto und dann Benno vom Kindergarten ab – um dann ein Versprechen einzulösen!
Wir zerren die Knaben in den Eissalon, welcher kein Land sieht im Vergleich zum Eisparadies „Repapis“, der aber mit einer in Griechenland unbekannten Eisspezialität aufwarten kann – Spaghettieis, ich liebe Spaghettieis!!!
Und kaum versehe ich mich, greift des Knaben Hand auch schon nach meiner Leckerei. Was für Außenstehende verheerende Folgen hätte, sei dem Enkelchen vergönnt – er knuspert also meine Waffel weg!
Klar, dass der Knirps sein eigenes Eis bekommt, doch da war es um meine Waffel schon geschehen.
So gestärkt und verwöhnt, bringen wir die Bengel zurück nach Hause.
Bei Sonja und Florian verbringen wir einen letzten Nachmittag im Garten. In einem Garten der früher unserer war, genießen wir den Sommertag, spielen mit den Enkeln und begutachten mit ihnen die einheimischen Insekten…
Später am Tag fuhren wir zurück nach Schliersee um uns dort mit Rita und René zu treffen. Es war doch noch möglich geworden zu viert zum Essen zu gehen. Wir wollten zusammen in eines unserer liebsten Gasthäuser gehen, in die „Rote Wand“ in Geitau.
So stiegen wir in Renés Heckflosse und fuhren stilecht ins Nachbardorf…
Unsere Erwartungen wurden abermals nicht enttäuscht. Wir saßen im lauschigen Biergarten, tranken ein Dunkles, aßen leckere Gerichte und hatten viel zu erzählen – morgen schon würden sich unsere Wege wieder für einige Zeit trennen.
Sieben Tage sind um, sieben Tage während derer wir unser gewohntes Umfeld verlassen haben, um in eine andere Welt einzutauchen. Sibylle gelingt das leichter, denn sie hat nie ganz losgelassen. Mir fällt es schwerer.
Ich freue mich auf daheim, ich will zurück nach Griechenland, ich stoße in Deutschland immer öfter an meine Toleranzgrenzen – ich fühle mich wie ein „Englishman in New York“.
Wir fahren unseren roten Flitzer nach Miesbach und stellen ihn ab.
Monika, unsere frühere Nachbarin und Freundin, bringt uns zum Bahnhof wo wir uns in die Regionalbahn setzen. Abermals nach München, dort in die S-Bahn und mit dieser dann zum Flughafen.
Wir sind pünktlich am Flughafen, checken das Gepäck ein und gehen durch die Safety. Am Gate halten wir uns noch etwas inmitten der Urlauberscharen auf.
Ich freue mich, denn wir sind in der Emergency-Row gebucht, das bedeutet Beinfreiheit. Noch mehr Glück wurde uns zuteil, als der Mann der neben mir saß, nach dem „Boarding Completed“ Call den Sitzplatz wechselte. Sibylle saß am Fenster, ich in der Mitte mit Platz nach links und genug Beinfreiheit – ein angenehmer Flug!
Leider müssen wir mit dem Taxi nach Kos Stadt, denn der Busfahrplan passt nicht zum Fahrplan der Fähre. Kein Risiko, wir nehmen das Taxi, zahlen die 40.-€ und sind rechtzeitig in der Altstadt.
Wir kaufen unser Fährticket und nutzen die übrige Zeit um ein Giros zu essen – wir waren schon etliche Male in dem Laden, er gehört zu den besseren unter den Schlechten…
Zum Kassieren kommt der Chef persönlich und legt mir die Quittung hin – er murmelt „sörtiforjuro“. Sowohl Sibylle als auch ich verstehen „Thirtyfour Euro“ also 34.-€. Als alte Griechen wissen wir, die Griechen sind aufrichtig, eine Kontrolle nicht nötig – wir zahlen.
Im Gehen überschlage ich die Summe, irgendwie viel. Wir halten inne, rechnen nach, kommen bei bester Betrachtung nicht auf 34,-€. Wir gehen zum Chef und fragen wie er auf diese Thirtyfour käme. Er schaut uns entgeistert an – wieso „sörtiforjuro“??? Er hätte „twönniforjuro“ gesagt, den Rest hätte er als großzügiges Trinkgeld gewertet…
Aha, jetzt 24.- statt 34.-, wir hätten falsch verstanden und außerdem auf die Quittung gucken können. Ich bemühe mich, nicht grantig zu werden, er gibt mir sofort 10.- zurück.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Typ ist ein kleiner Gauner der uns mit Reisetasche, also im Begriff abzureisen, abziehen wollte. Seine Masche ist gut, aber mich sieht er nie wieder!
Ich war zufrieden wieder daheim zu sein, glücklich. Dieser Arsch hat mir genau DAS verdorben, nachhaltig! Ich, der jetzt gerade aus Deutschland zurückkommt, wieder mit ein bisschen mehr deutscher Mentalität gewappnet, ich sollte von einem Touri-Griechen beschissen werden??? Etwas Seltsames passiert – ich fühle mich zum ersten Mal auch hier wie ein „Englishman in New York“.
Unsere Fähre kommt pünktlich und hat diesmal keinen Stop auf Kalymnos am Plan, wir würden also zu einer vernünftigen Zeit, deutlich vor Mitternacht, zuhause sein.
Der Kellner kommt, Sibylle ist am Klo. Ich sage ihm, dass ich auf meine Frau warte, wir würden in 5 Minuten bestellen – der Kellner kam nie wieder…
I´m an Alien, I´m a legal Alien…
Der Aufruf zum Aussteigen folgt, wir gehen über die riesige Laderampe und sind wieder auf Leros. Wir steigen in ein Taxi und lassen uns zu NESSAJA fahren.
Zufrieden fallen wir ins Bett und schlafen friedl… NEIN!!! WAS IST DAS??? Nach einer Woche frei von Plagegeistern und Stichen, fängt es sofort nach dem Hinlegen wieder an zu Jucken – und wie!
Es reicht! Da muss was sein! Ich schalte das Licht ein und schubse Sibylle aus dem Bett!
BETTWANZEN! Wir haben Bettwanzen! Durch das Ignorieren der ersten Zeichen, das Herunterspielen meiner nächtlichen Juckattacken, hatten die Biester Zeit sich zu vermehren. Diese Bande war nun, durch unsere längere Abwesenheit, richtig hungrig und stürzte sich auf das Buffet – auf mich!
Sibylle verkniff sich ein hysterisches Kreischen und begann sofort, inzwischen war es nach 01.00 Uhr, das Bett zu zerlegen. Alles musste runter, der Staubsauger kam zum Einsatz – großes Hallali gegen die Schar der Krabbler.
Erst als nichts mehr zu sehen war, legten wir uns wieder schlafen.
Am nächsten Tag das gleiche Spiel nochmal – wir fanden wieder ein paar, schon deutlich weniger als in der Nacht, dennoch – abermals abziehen, waschen.
Eine chemische Keule wurde angeschafft, Literatur zu den Insekten studiert – kurz, wir haben gegoogelt was wir unternehmen können…
Bei unseren Google Recherchen erfahren wir auch, dass es nicht etwa mangelhafte Sauberkeit von Mensch oder Umfeld ist, welche zu solchen Tierchen führt – man schleppt sich diese ein.
Solche Gelegenheiten haben wir in der Vergangenheit genug gehabt, sowas kann passieren. Wir schämen uns daher nicht, dies auch als eine Geschichte unseres Lebens zu erzählen – auch wenn es eine sehr nervige ist.
Inzwischen meinen wir, die Plagegeister besiegt zu haben. Zumindest haben wir ihnen empfindlich zugesetzt. Alle paar Tage finden wir ein einzelnes Exemplar, wir sind zuversichtlich bis zum Ende des Monats frei von den Viechern zu sein.
In Europa rollen die Hitzewellen an. Die deutsche Presse stürzt sich auf Griechenland und prophezeit „Horrortemperaturen“, Touristen fragen im Internet ob sie ihre Urlaube antreten können.
Welcome to Summer in Southern Europe!
Für uns heißt es abkühlen – dafür gehen wir nicht mehr nach Panteli, es ist zu voll und zu heiß unter den Schirmen, die nur wenig Schatten spenden. Wir haben unsere Hafenmauer für uns entdeckt.
Zu diesem Platz sind es rund 100m von unserem Liegeplatz. Am Rückweg können wir uns gleich abduschen und kommen so relativ erfrischt zurück zum Boot – es ist nix los und man hat keine Anfahrt. Wenn man das 5x am Tag macht, dann ist auch die Bullenhitze auszuhalten. Natürlich ist es trotzdem eine gewisse Belastung für den Kreislauf – Temperaturen von 30°C und mehr ist unser Körper auf Dauer nicht gewohnt.
Um den Körper auch von innen zu kühlen, sehen wir ab und zu bei „Repapis“ vorbei – das Eis ist auch eine mentale Hilfe Hitze zu verarbeiten!
Wir waren am 12.07. aus Deutschland zurück gekommen. Unser Plan war, nach unserer Rückkehr einige Vorbereitungen zu treffen und dann zu einer größeren Reise mit NESSAJA aufzubrechen. Nur Sibylle und ich, entweder nach Norden bis Thessaloniki oder alternativ bis zum Peleponnes – beide Ziele waren mit Bedacht gewählt, es galt den Touristenströmen der Monate Juli und August auszuweichen.
Dass es ein sportliches Vorhaben sein kann, im Sommer Richtung Nord zu wollen, gegen die vorherrschende Windrichtung des meist kräftigen Meltemi, das wussten wir – noch hatten wir keine Bedenken.
Bis dahin hätten wir, neben den eigentlichen Reisevorbereitungen, noch ein paar Dinge zu erledigen. Heute geht es los!
Ich fahre mal wieder nach Panteli, es ist früher Morgen, die Luft noch verhältnismäßig frisch…
Derartig abgekühlt, kehre ich zurück zu NESSAJA und mache mir erstmal mein erstes Tässchen Kaffee. Dann beschließe ich, dass heute der ideale Tag ist um die Batterien der ELOWYN einmal zu laden…
Der Tag war bewusst gewählt, denn in etwa zwei, drei Tagen würden wir aufbrechen. So können die Stromspeicher des blauen Riesen langsam über zwei Tage gefüllt werden.
Weiter war ich Hans-Peter noch Unterstützung beim Einbau einer, aus Deutschland gelieferten, Umlenkrolle schuldig. Wir hatten den Zahnriemen erneuert, den Fehler gefunden, während der Dauer des Urlaubs der Beiden aber auf „nicht tauschen“ entschieden – dies sollte nun nachgeholt werden.
Somit bin ich auch dem Freund auf der LIBERTÉ keine Dienste mehr schuldig. Natürlich werde ich auch weiter helfen und unterstützen – aber nicht mehr in der Pflicht des gegebenen Wortes zu sein fühlt sich auch mal gut an…
Danach war eine Abfrischung angesagt, es war Mittag und es wurde zu heiß um zu arbeiten. An diesem Nachmittag kehrten unsere Freunde Gabi und Gottfried von ihrer zweimonatigen Reise zurück. Ein schwergängiges Ruder an der HARMONY zwingt die Beiden früher in den Hafen als geplant.
Wir gehen gemeinsam zu Marietta zum Dinner, wir wollen viel besprechen – wir sind neugierig auf die Erfahrungen.
Wir hören eine Geschichte von einer fast achtwöchigen Segelreise durch die Inselwelt der Kykladen. Die Geschichte ist positiv aber auch ehrlich. ICH nehme sehr wohl wahr, wenn von 35kn Wind am Anker gesprochen wird, von einem Kratzer den ein unfähiger Türke bei einem sinnlosen Manöver hinterlässt, oder dass man sich auf den Wetterbericht ohnehin nicht verlassen kann. Auch die Ankerplätze seien manchmal recht überfüllt, mancherorts ist es teuer geworden.
Man stufe dies, wie „den wilden Ritt durch die aufgewühlte See vor Amorgos“ als normal ein und sei bereit dies gegen die vielen positiven Erlebnisse aufzuwiegen.
Das bin ich nicht!
Mich würde es auf die Palme bringen, wenn NESSAJA durch ein unnötiges Manöver eines egoistischen Deppen beschädigt würde. Mich nervt, wenn Anlegeplätze auf einmal 25.-€ statt 6,50€ kosten, ohne dass sich auch nur irgendwas verbessert hätte. Ich weiß, dass Sibylle und ich unterschiedliche Vorstellungen während der Zeit vor Anker haben – die Aufgabenteilung betreffend und auch bezüglich der Notwendigkeiten bei 30kn Wind und mehr vor Anker.
Ich höre Gabi sagen, „…mei Gottfried ist halt mit dem Segeln aufgewachsen, er ist Segler und mir macht es auch Spaß“!
Ich antworte, zum ersten Mal gegenüber Freunden, dass dies bei mir anders sei. Ich mag das Segeln, genieße die Vorteile – aber ich würde mich nicht als einen „Segler von Herzen“ bezeichnen. Bei mir ist das Ziel das Ziel, nicht der Weg! Ich möchte Reisen und habe mich für das Segelboot als das geeignete Vehikel entschieden – nicht mehr, nicht weniger.
Ich merke den Freunden an, sie verstehen. Ihre Blicke verraten mir – I´m an Alien, I´m a legal Alien, I´m an Englishman in New York.
Gedankenschwanger gehen wir ins Bett – morgen ist auch noch ein Tag!
Und was für ein Tag! Morgens kommt Cees, der Skipper der niederländischen „LE CLAPOTIS“ den Steg entlang. Er erzählt all den Bekannten, dass er gestern Nacht das Mobiltelefon seiner Frau Mareijke versenkt hat – da sei wohl nix mehr zu machen…
Das mag die Hardware betreffend stimmen, aber man könnte die Karte und damit ein paar Daten retten. Der „Taucher der was taucht“ in Gestalt von Hans-Peter wird gerufen. Der hört den Ruf und reagiert sofort.
Es blubbert hier, es blubbert da – der Freund schwimmt fischgleich entlang der Nachbarboote und sucht den Meeresboden ab – es gilt ein, vor etwa 12 Stunden untergegangenes, Telefon zu finden. Ein paar Minuten später taucht der Saarländer wieder auf – erfolgreich, was sonst???
Wie zu erwarten war, ist das Telefon nicht mehr zu retten, tatsächlich wurde die Karte aber nach der Trocknung in einem Ersatzapparat wieder in Gebrauch genommen.
Sibylle und ich ziehen zum ersten Mal unsere Pläne in Zweifel. Was erwarten wir uns von der sechswöchigen Reise bis Ende August? Wo sind Schnittmengen? Welche Ziele laufen wir an, was machen wir dort?
Wir erkennen, dass wir auf den großen Inseln und in vielen Gegenden des Festlandes längere Ausflüge machen wollen. Für diese Tage brauchen wir einen sicheren Liegeplatz für NESSAJA und ein Fahrzeug. Wir beginnen Kosten zu kalkulieren und einen fiktiven Reiseplan aufzustellen – wir loten Vor- und Nachteile aus.
Hans-Peter schreckt uns aus den Gedankenspielen – wir seien ja zum Pizzaessen verabredet, er ginge jetzt los. Ah, so spät schon! Ok, wir kommen gleich nach, bis nachher…
Ohne weitere Erklärung bleibt der Ausklang des Abends – ein Eis aus dem Eispalast, eigentlich schon fast Pflichtprogramm.
Der nächste Morgen. Ich schlafe im Cockpit und wache auf weil… ICH FRIERE! Böiger Wind weht mir durch die Haare, NESSAJA zerrt an ihren Festmachern. Ich ziehe meine Ohrenstöpsel, es pfeift und heult in der Marina.
Ich schalte die Windmesser ein…
Die Momentaufnahme zeigt 23,5kn an NESSAJAs Liegeplatz ganz innen am Ponton. Das ist nicht bedrohlich oder gar gefährlich, aber eben auch nicht wenig. Böen sind stärker…
Sibylle möchte einen Cappuccino und eine Süssigkeit in Agia Marina genießen, also fahren wir dorthin. Auf dem Weg fragen wir in den einschlägigen Geschäften nach mobilen Klimaanlagen. Die Hitze macht uns mürbe. Die seien alle „gerade ausverkauft“ lässt man uns wissen, nächste Woche wieder!
Wir gehen ins „To Paradosiako“ und suchen uns einen Schattenplatz.
Sibylle sinniert – „…stell Dir vor es hat 10kn mehr und wir fahren alleine durch die Nacht…“, ich erwidere „…oder es hat 10kn mehr und wir liegen in einer vollen Ankerbucht…“
Wir malen uns Szenarien aus die wir beide nicht wollen. Zum ersten Mal zweifeln wir an unserer momentanen Situation.
Wir fahren zurück an Bord um noch ein bisschen Computerwork zu machen. Ich will Fotos sichern, Sibylle muss Anträge ausfüllen – dennoch lassen uns die Gedanken des Vormittags nicht mehr los, die Laune war getrübt.
Trotzdem nahm dieser Tag ein sehr versöhnliches und für mich wunderbares und wichtiges Ende – wir waren mit Marietta „auf einen Ouzo“ verabredet. Privat. Es war ihr freier Montag und sie hatte uns gefragt ob wir abends dazu kommen wollen – natürlich wollten wir!
Aus dem Ouzo wurde ein vollständiges Dinner, jeder hat in die Mitte gelangt und bezahlt wurde einfach anteilig – so wie es in Griechenland eben funktioniert. Ich war geerdet, denn wir haben an diesem Abend viel über Freundschaften und unsere Heimatländer gesprochen – ein griechisch – deutsch – israelisches Treffen.
Der neue Tag begann wie der vorherige, wieder sehe ich mir die Windentwicklung genau an…
Heute erwache ich also mit fast 29kn, nahe am Peak in der Nacht mit 33kn. Sibylle und ich sind genervt – Bullenhitze seit Tagen, dazu dieser zwar hilfreiche und wichtige aber auch sehr nervige Wind.
Wir besinnen uns auf die noch offenen Aufgaben. Sibylle hat die Pflichtaufgabe übernommen, dass sie Susannes Pflanzen gießt, während die Familie zuhause weilt und die DARKSYDE in der Marina stationiert ist…
…nun, vermutlich muss meine Frau etwas beichten – hätte Susanne mich gefragt, ich hätte ihr gesagt, dass Sibylle in der Vergangenheit alle Pflanzen in ihrer Obhut getötet hat – einen grünen Daumen hat meine Gattin nicht!
Ich dagegen habe noch meine Mammutaufgabe vor der Brust – der Willi meines Freundes Volker – oder sollte ich lieber DAS DINGHY meines Freundes Volker schreiben? Um jegliche Missverständnisse zu vermeiden – naja, sein Schlauchboot halt…
Ich fahre zu Giorgos, der meinem Drängen etwas nachgegeben hat – ich könne kommen, es gäbe Fortschritte. Der Gute war inzwischen mit allen Unterlagen ausgestattet, ich hatte eine Downloadplattform für die raren Dokumente gefunden.
Ich bin freudig überrascht ob des Fortschritts und wir besprechen die nächsten Schritte. Das klingt schlüssig und gut – ich informiere Volker zuhause über den erfreulichen Verlauf.
Auf dem Weg nach Hause, nehme ich aus dem Augenwinkel ein besonderes Schiff wahr, welches in Vromolithos vor Anker liegt. Ich entdecke die MALTESE FALCON.
Wir kennen das Traumschiff mit dem auffälligen Rigg schon, dennoch ist es toll sie wieder bei uns in Leros zu sehen.
Ich hole Sibylle in der Marina und wir fahren nochmals hin um das Schiff zu betrachten.
Auf dem Rückweg fahren wir nach Lakki und stellen fest, dass in unserer Bucht ganz schön Betrieb ist. Das wechselt von Tag zu Tag, ist wenig Wind, setzt sich der ganze Pulk in Bewegung, ist viel Wind kleben die Schiffe förmlich fest – man ist froh, einen sicheren Platz zu haben.
Wir gehen ins Café von Elefteris und seinem Bruder, dem ehemaligen „Morano Cafe“, welches heute „La Palma“ heißt.
Wir trinken ein kaltes Getränk und unterhalten uns eingehend über die verfahrene Situation. Morgen soll unsere Reise starten, der Wind ist zu stark um nach oben zu fahren, wir wissen, dass wir SO unsere Pläne nicht verwirklichen würden.
Sibylle schlägt Chios und / oder Lesbos als „kleinen Kompromiss“ vor – das will ich nicht.
Es entwickelt sich ein Gespräch, welches tief geht. Eines über Erwartungen und Ängste, eines über Ziele und Träume und die Angst vor der eigenen Courage. Ein Gespräch, das zeigt wie viel Glück wir haben und dass wir an sich zufrieden sind – aber auch eines, welches klarlegt, dass wir auf diesem Weg nicht ERLEBEN werden und geplatzte Träume keine gute Grundlage für Zukunft sind. Wir erkennen – es hilft nichts Pläne immer wieder nach unten anzupassen, wir müssen uns komplett neu aufstellen.
Das braucht Zeit!
Der hereinbrechende Abend kann unsere Stimmung wieder aufhellen! Nach einem Dinner in großer Runde im „SouVLakki“ gehen wir ein Eis essen und erfahren dort von Sibylle und Angelika, dass bei Marietta der Bär steppt. Es wäre Karaoke Abend und die Gäste toben…
Nix wie hin!
Am nächsten Morgen machen Sibylle und ich Nägel mit Köpfen! Wir sitzen beim Frühstück und beschließen, dass wir unseren Urlaub komplett umkrempeln. Ein Kompromiss wie er nötig gewesen wäre um mit NESSAJA zu reisen war uns unmöglich, die Schritte die jeder hätte machen müssen waren zu groß für den Einzelnen – aber ein anderer Kompromiss hat sich gefunden, einer, der allen Anforderungen gerecht würde.
Wir bereisen Nordgriechenland mit dem Motorrad!
Wir werden noch ein paar Tage in der Marina bleiben, um am 26.07. direkt von Leros aus nach Kavala in Mazedonien zu fahren. Die GS packen wir fleißig auf – von dort startet unser Roadtrip.
Wir treffen in Kavala einen ehemaligen Kunden von mir, mit dem ich seit Jahren ein herzlich-freundschaftliches Verhältnis habe. Wir sehen uns Kavalas Altstadt an und ziehen dann weiter nach Thassos, wohin wir mit der Fähre übersetzten. Nachdem wir uns drei Tage Zeit nehmen Thassos zu entdecken, werden wir wohl weiter nach Limnos gehen. Auch hier bringt uns eine Fähre hin. Auf Limnos besuchen wir Freunde aus Deutschland, welche wir auf Leros kennen gelernt haben. Wir sind eingeladen in deren Haus zu übernachten.
Dann müssen wir entscheiden, ob wir mit der Fähre zurück nach Kavala gehen um zumindest einen Finger des Chalkidiki zu entdecken, oder ob wir direkt nach Thessaloniki übersetzen.
Ich möchte Thessa besuchen, die Altstadt entdecken und dort in die Meze-Kultur eintauchen. Danach ziehen wir eine Motorradstunde weiter nach Makrygialos um dort Christoszu treffen, der beim Stahlgruber arbeitet und mich aus meiner aktiven Zeit als Trainer kennt – auch dieser Besuch ist lange offen.
Dann kommt der Part der Sibylle am meisten freut! Wir fahren zum Olymp und gehen in die Höhe um Abfrischung zu bekommen. Wir werden an Bächen entlang durch Wälder wandern und in Gumpen baden. Von dort geht es weiter zum nächsten Highlight, zu den Meteora Klöstern, von denen wir mindestens zwei besichtigen wollen.
Unser Weg wird uns weiter nach Volos führen, wo wir abermals in die Meze-Kultur eintauchen wollen. Dann gehen wir über Euböa nach Chalkida, Lavrion und nach Piräus – dort endet unsere Reise nach vier Wochen und etwas mehr als 1000km und wir gehen auf die Fähre nach Leros.
Wir werden am 23.08. zurück sein, exakt rechtzeitig um mit NESSAJA nach Lipsi zu fahren um dort einer Geburtstagseinladung Folge zu leisten.
Soweit der Plan!
Jetzt ist es raus! Wir buchen unsere Fährtickets, Sibylle sucht schon Unterkünfte, ich repariere weiter an NESSAJA – das letzte der drei Absperrhähnchen muss verbaut werden.
Ihr mögt euch fragen, warum ich weiter bastle, wenn wir jetzt nicht auslaufen. Nun, ich möchte NESSAJA in Schuss halten. Sie wird auslaufen – mit uns zum Buchtenbummeln wenn die Hauptsaison vorbei ist und auch zu einer großen Fahrt, denn dafür habe ich sie so gebaut wie sie ist – entweder mit mir, oder mit einem neuen, zukünftigen Besitzer. Diese Entscheidung wird bis spätestens Mai 2024 fallen, denn sie ist zwingend mit dem zur Diskussion stehenden Verkauf meiner Wohnung verknüpft – eines geht nicht ohne das andere, in beide Richtungen.
Wir werden sehen…
Sibylle sucht sich eine Aufgabe, etwas Sinnstiftendes, sie und Angelika beschließen, ehrenamtlich in der Hunde-Auffangstation in Leros zu helfen.
Uli und ich bringen die Beiden dorthin, der Ort ist etwas abgelegen.
Während Sibylle und Angelika bei den Hunden zurückbleiben, fahre ich nach Lakki in den Ort. Mein Motorrad bremst unweigerlich vor „Repapis“, es kann nicht daran vorbeifahren. Also kaufe ich mir ein Eis und vertreibe mir die Zeit beim Schauen…
Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass das stetige Geläut der Kirche gegenüber, anlässlich einer Beerdigung stattfindet. Mir fällt auf, dass sehr viele Motorräder vor der Kirche stehen…
Ich erinnere mich an eine Bekanntmachung in Facebook. Ein Mitglied des Motorradclubs von Leros war verstorben. Ich vermute aufgrund des Alters des Mannes, dass es ein natürliches Ableben war. Nichtsdestotrotz kamen wohl alle echten Motorräder der Insel zusammen um von ihren Fahrern zu einem Ehrenkorso formiert zu werden.
Aus Pietätsgründen habe ich von dem Korso keine Bilder, aber es war beiendruckend wie zwei Jungs die Straße gesperrt haben und sich daraufhin die Bikes formierten, bevor der Leichenwagen auf die Straße bog. Wow!
Am Abend fahre ich zu Giorgos, es gibt News vom Tender der ELOWYN – der Motor ist zerlegt, es muss nun entschieden werden wie es weitergehen soll.
Ich informiere Volker über die Optionen und vereinbare einen letzten Termin mit Giorgos, bevor wir zu unserer Motorradtour aufbrechen – dann wird entschieden wie derTender bis Ende August zu reparieren ist.
Am Folgetag möchte Sibylle am Nachmittag im „natürlichen Schatten sitzen und eine Kleinigkeit essen“ – na das lass´ ich mir nicht zweimal sagen – wir fahren nach Xirokampos ins „Porto Nikola“ und bestellen uns kalte Getränke und ein paar Meze.
Wir sitzen zusammen, die Situation ist unverfänglich, Sibylles Telefon klingelt. Franzi ist dran und Sibylle telefoniert – wie so oft.
Ich erzähle ihr, dass es ein Wort dafür gibt – „phubbing“ – welches sich aus phone und snubbing zusammensetzt und den unangemessenen, brüskierenden Gebrauch der smarten Geräte in Gesellschaft beschreibt.
Natürlich wusste ich, dass sie zur Gegenwehr ansetzen würde, aber das war ok. Es entwickelte sich an diesem Nachmittag ein sehr vertrauliches Gespräch, welches uns Gelegenheit gab, unser Handeln seit dem Verkauf unseres Hauses zu refektieren.
Natürlich sind die Gesprächsinhalte vertraulich, aber soviel sei verraten, wir erkennen, dass wir, beim Stand heute, handeln müssen und alle Optionen neu durchdenken müssen. Wir sind zufrieden und doch hat keiner das was er eigentlich wollte – offen gesagt, hätten wir damals gewusst wie es ausgeht – der Preis den wir dafür zahlen, er wäre vermutlich zu hoch gewesen.
Wir werden also im kommenden Winter entscheiden wie es weitergehen soll, wenn die Option einer Weltumsegelung weiterhin ausgeklammert bleibt. Dabei werden wir keine Möglichkeit ausschließen, auch nicht die, nach Deutschland zurückzukehren und ich in Folge dessen wieder eine Trainerstelle suche.
Ein wenig geknickt gehen wir zurück in die Marina, doch wir versprechen uns Auflockerung durch das Abendprogramm – bei Marietta ist Live-Musik, wir gehen mit Gottfried und Gabi dorthin – ich habe reserviert!
Nun sitzen wir also abermals mit den Münchner Freunden zusammen und erzählen von unseren Gedanken am Nachmittag. Wir stossen auf offene Ohren und unterhalten uns gut, ich schätze die Beiden für ihre Meinung und die Art diese auch zu äußern und zu vertreten. Wir bekommen wertvollen Input – sowohl zum Thema „Reisen mit dem Segelboot“ als auch zum Gedanken „Haus auf Leros“, wir überlegen, ob es eine Option wäre NESSAJA zu verkaufen und ein Expeditionsmobil anzuschaffen – auch dazu tauschen wir uns kontrovers aus. Nur meine Idee einer Rückkehr nimmt niemand richtig ernst – hmm…
Später ebbt unsere Unterhaltung ab, weil die beiden vorzüglichen Musiker richtig Gas geben. Das Lokal ist voll, es wird lauter und die einheimischen Gäste gehen richtig ab…
Dieser Abend war für mich persönlich einer der schönsten in diesem Sommer. Ich habe es genossen und wir sind erst weit nach Mitternacht ins Bett gekommen. Müde durch die vorgerückte Stunde und ein paar Ouzo, habe ich geschlafen wie ein Murmeltier…
Der Tag weckt mich. Es ist hell, die Uhr sagt es ist 06.30 Uhr, die Marina ist noch nicht erwacht. Die perfekte Stunde um an der Kaimauer mit einem Kopfsprung ins Meer zu springen und so den Schlaf aus dem Körper zu treiben. Dnach der obligatorische Kaffee – dann ruft die Pflicht!
Ich habe beim Laden der Batterien von ELOWYN gesehen, dass ein Versprechen, welches ich Volker gegeben habe, noch offen ist. Ihm war beim Reinigen der Dusche ein Missgeschick passiert und er hatte den Ablauf samt Schlauch vom Abflussschacht der Duschwanne gedrückt – natürlich an schlecht zugänglicher Stelle.
Das erledige ich heute – Eile ist nicht geboten, denn auf ELOWYN ist „arbeiten de Luxe“ angesagt. Egal wie warm es ist, ich schalte die Klimaanlage ein und werkle cool vor mich hin!
Ich schalte die Klimaanlage ein und mache eine Bestandsaufnahme – welches Material und Werkzeug brauche ich, wie gehe ich es an? Dann gehe ich zu NESSAJA, hole dort die benötigten Arbeitsutensilien und kehre zum blauen Riesen zurück – dort ist es inzwischen angenehm kühl.
Ich schmiere Sika an die Klebestellen so gut man eben hinkommt und versuche dann, mich so wenig wie möglich zu besudeln, wenn ich das Ablaufteil nach oben ziehen und fixieren muss.
Wer mich kennt weiß, dass dies nicht gelingt. Ich schmiere mir das Teufelszeug also überall hin, kann am Ende aber auch ein ziemlich gutes Ergebnis vorweisen.
So weit, so gut, morgen geht es weiter – hoffentlich hält es…
Der Abend klingt unspektakulär aus. Es gibt einen großen Salat, da es inzwischen zu heiß ist um an Bord zu kochen. Jeden Tag essen gehen wollen wir nicht, so wird der große Salat zur Hauptspeise.
Zum Absacker sitzen wir mit Freunden zusammen, sofern sich dies spontan ergibt. Wenn nicht, trinken wir einen Ouzo oder ein kaltes Bier an Bord und sprechen über die momentane Situation und die neuen Erkenntnisse.
Ich blättere ein wenig durch meine bevorzugten Apps und entdecke, dass einer meiner früheren befreundeten Arbeitskontakte eine Stelle anbietet – „Technischer Trainer global – Motorenteile“. Sowohl Job wie Firma sind mein Idealbild, der Job passt zu mir wie ich zu ihm, wie Arsch auf Eimer.
Mit diesem Gedanken gehe ich schlafen…
Der neue Morgen beginnt auf der ELOWYN, es gilt das Arbeitsergebnis des Vortages zu inspizieren und die Arbeit final abzuschließen.
Passt also – ich versperre das Schiff des Freundes und gebe Info. In etwa einen Monat werden die Eigner wiederkommen und wir uns hier noch einmal treffen.
Ich kehre zu NESSAJA zurück. Sibylle ist inzwischen wach, sie hat das Frühstück gerichtet. Diesmal wieder Frühstück im Salon, oben scheint die Sonne schon hin, unten ist es (noch) frischer. Ich frühstücke meist nicht, mir reicht mein Schub Koffein.
An der Mine meiner Gattin kann man ihren Unzufriedenheitsgrad erkennen. Es ist ihr zu heiß, sie hat nicht gut geschlafen. Eine Lösung für ein neues, andersartiges Zukunftsmodell hat sie nicht.
Das Stellenangebot von gestern behagt ihr nicht. Sie kennt die Firma und meine Kontakte dahin, Sie weiß, dass dies eine ernsthafte Alternative sein könnte…
In dieser Stimmung klingelt mein Telefon. Ich habe meinen Außenborder vor einigen Wochen in Lakki bei einem jungen Spezialisten zur Reparatur abgegeben. Es waren zwei Dinge zu tun, für die ich die Werkzeuge nicht habe, zusätzlich ein Fehler zu finden, den ich nicht finden konnte. Der Motor sei nun fertig, alles funktioniere wieder, ich könne ihn abholen.
Zusammen mit Hans-Peter hole ich das Trum – erledigt, das Thema sollte vom Tisch sein.
Zündung und Ventile sind eingestellt, der Impeller gewechselt. Der fiese Fehler war im Vergaser zu finden – ich hatte bei einer Reinigung der Hauptdüse dieselbe um 0,2mm geöffnet, das war zuviel. Ich hätte das nie gedacht, konnte den Fehler daher auch nicht finden.
Der Einbau einer neuen Hauptdüse hat Abhilfe geschaffen – eine sehr gute und zudem preisgünstige Reparatur.
Sibylle fragt aus heiterm Himmel, „…meinst Du das ernst, dass Du wieder in Deinen Job zurückkehren würdest?“ Ich antworte, „…was sind die Alternativen?“
Sie verweist auf ein altes Haus welches uns über Freunde von privat angeboten wurde. Es sei viel zu tun, aber das Objekt wäre relativ preisgünstig. Ich akzeptiere den Gedanken, wir vereinbaren einen Termin zur Besichtigung.
Uns gefällt das Objekt, wir zwinkern uns zu. DAS könnte tatsächlich eine Alternative sein. Für mich ein Projekt über mehrere Jahre, wir könnten uns weitgehend autark aufstellen und genug Wohnraum auch für Familienbesuche generieren. Man sieht das Meer, wenn auch entfernt, zu zwei Seiten.
Ich zeige verhalten Interesse. Der Verkäufer setzt an, um mir recht schnell zu erklären, dass sein Haus jetzt um rund 50% teurer ist.
Offen gesagt – völlig losgelöst vom Preis-Wert Verhältnis – mich kotzt so ein Gebaren an! Ich lasse mir das nicht anmerken, stelle es aber unseren Freunden gegenüber, die als Übersetzer dabei waren, unmissverständlich klar. In diesem Moment löst sich diese Alternative wohl in Wohlgefallen auf, schade!
Sibylle und ich gehen noch in „Stis Anna“, dem vegetarischen Tempel von Leros um uns mal was anderes zu gönnen. Wir genießen den frischen Wind, die Stimmung und das gute Essen, sprechen aber weiter über Möglichkeiten und Chancen – wie so oft…
Noch zwei Tage bis zur Abfahrt, ich muss langsam daran denken die GS auf die Tour vorzubereiten. Also mache ich mich nach dem Frühstück auf zur Krangasse, um dort den Hochdruckreiniger kurz zu benutzen. Das wird mir gestattet, so war ich rasch fertig und zurück an unserem Platz um das Bike abzuwienern und an den notwendigen Stellen zu schmieren.
Das dauert immer ein wenig, da speziell die Kette einiges an Aufmerksamkeit verlangt. Erst reinigen, dann ölen, dann abreiben und zuletzt mit Kettenspray schmieren.
Geschafft, was jetzt? Ach ja, die Haare nochmal schneiden bevor wir aufbrechen. Mein Kopf muss einmal im Monat kultiviert werden.
Jetzt aber – freier Nachmittag! Sibylle sitzt im Cockpit und liest oder sie geht mit Angelika an der Hafenmauer baden. Ich ziehe mich leise zurück in den Salon und klappe meinen Computer auf. Ich sortiere Lebenslauf, Arbeitszeugnis und sonstige Unterlagen, verfasse ein neues Anschreiben und klicke mich durch die Recruitingseite der Firma, welche den vakanten Job offeriert.
Meine Gedanken fliegen, wie oft hat Sibylle gesagt, dass ich zu alt sei um nochmals einsteigen zu können – stimmt das? Die Unterlagen sind komplett – ich klicke auf „BEWERBUNG SENDEN“ – wir werden es sehen…
Der Tag neigt sich dem Ende zu, wir sind zum BBQ am Marinastrand verabredet – zu welcher Zeit? Wenn die Sonne hinter dem Berg verschwindet!
Wir packen also unseren COBB und unsere Siebensachen für das BBQ und machen uns auf zum Marinastrand.
Wir hatten das vor ein paar Wochen ja schonmal so gemacht und aufgrund des gelungenen Ausgangs für uns beschlossen, so etwas machen wir nochmal!
Nachdem Paul und Christine von der INSPIRATION auch einen Cobb haben, konnten wir weitere Freunde und Crews einladen.
Neben uns und der Crew der JASPER, waren auch Hans-Peter von der LIBERTÉ und die Crews der HARMONY und der LE CLAPOTIS informiert – die Regel war, jeder bringt Grillgut und Getränke welche er bevorzugt PLUS einen Salat für die Allgemeinheit. Das klappte vorzüglich!
Wir tranken unsere Drinks und genossen den Abend. Natürlich wurde bis spät in die Nacht geratscht und philosophiert. Ein schöner Abend und für uns ein schöner Ausklang. Morgen würden wir zu unserem Roadtrip aufbrechen!
Mittwoch der 26.07.2023 – heute Abend um 19.10 Uhr legt unsere Fähre in Lakki ab. Wir fahren mit ihr bis nach Mazedonien, nach Kavala. Wir haben heute noch einiges vorzubereiten, deshalb endet der Blogbeitrag dieses Monats auch am heutigen Tag.
Doch dieser Tag ist mehr – es ist auch Hans-Peters Geburtstag und Angelika und Sibylle haben beschlossen, dass wir den Freund zu einem Geburtstagsfrühstück ins Marinalokal, dem „Skipper´s“, einladen.
Treffpunkt 08.30 Uhr – Happy Birthday Hans-Peter!
Sibylle und ich ziehen uns zurück, wir müssen packen und NESSAJA auf die vierwöchige Pause vorbereiten. Um ALENA und ELOWYN ist sich gekümmert – ich fahre mit einem guten Gefühl.
Sicher werden wir heute noch das ein oder andere Mal von der Kaimauer ins Wasser springen um uns zu erfrischen. Um 16.00 Uhr gibt es noch einen gemeinsamen Umtrunk, zu dem Hans-Peter geladen hat. Wir klönen noch ein bisschen, bevor wir uns artig verabschieden um in Lakki auf die Ankunft des blauen Kolosses zu warten. Abendessen gibt es an Bord der Fähre…
EPILOG – ihr habt es gemerkt, dieser Monatsbericht hat ernste Untertöne! Ich habe bewusst entschieden, den Zwiespalt in dem wir uns befinden aufzuzeigen, um verständlich zu machen warum wir oft so unentschlossen wirken. Wir wissen, dass wir in einer sehr komfortablen, privilegierten Situation leben. Dennoch deckt sie sich nicht mit den Vorstellungen, die Sibylle und ich, auch getrennt befragt, von diesem Lebensabschnitt hatten. Einen Kompromiss zu basteln käme der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner gleich – das wollen wir nicht.
Es wird sich also etwas ändern, vermutlich schon bald. Diesen Prozess sowie die Erlebnisse auf unserem Roadtrip durch verschiedene Regionen des griechischen Festlands, werden wir mit euch im Blogbeitrag zum August 2023 teilen.
Seid also gespannt, bleibt neugierig!
Wie immer danken wir euch für´s Lesen unseres Blogs, die investiert Zeit und für euer Interesse an uns.
Herzlichen Gruß von Bord der NESSAJA, Mario & Sibylle